Wenn er mit seiner Mutter in den Supermarkt geht, hat Lukas ( Name geändert) keine Angst mehr. Wenn ihn jemand grüßt, sagt er sogar: „Hallo!“ Das war nicht immer so. Bis vor wenigen Monaten brachte der Neunjährige außerhalb seines Zuhauses kaum einen Ton heraus. Kein Therapeut konnte ihm helfen. Doch dann fuhr er nach Bayern.
Besuch bei Logopädin half nicht
Bereits im Kindergarten verhielt sich Lukas eher zurückhaltend. „Er braucht einfach länger, um warm zu werden“, waren sich seine Eltern und die Erzieherinnen einig. Auch später, bei der Einschulungsuntersuchung, stellte die Ärztin nur fest, dass Lukas einen Sprachfehler hatte. Sie empfahl den Besuch bei einer Logopädin. Dort aber brachte Lukas kein Wort heraus. Und eine Sitzung ohne seine Mutter – das ging gar nicht.
Diagnose: Selektiver Mutismus
Zwar konnte die Logopädin nicht zu ihrem kleinen Patienten durchdringen, sie tippte aber als erste auf selektiven Mutismus. Das heißt, ein Kind kann eigentlich sprechen, tut es aber nicht. Oder zumindest nur mit wenigen Personen, wie Mutter, Vater oder Geschwister. Doch in der Schule habe es komischerweise einigermaßen geklappt, erinnert sich die Mutter. Den Lehrern blieb nicht verborgen, dass etwas mit dem Jungen war. Sie regten den Besuch bei einem Kinderpsychologen an. So landete Nicole Schröder (Name geändert) mit ihrem Sohn bei einer Gemeinschaftspraxis im Nordkreis. Die Behandlungszeit wurde zu einem Desaster. Nur alle zwei, drei Wochen ein Termin und fast jedes Mal ein anderer Therapeut – für den scheuen Lukas habe keine Chance bestanden, auch nur die Spur von Vertrauen zu fassen.
Erfolgreiche Therapie in Bayern
Dann die Wende: Über eine Kollegin erfuhr sie von einer privaten Praxis für Mutismus-Therapie in Starnberg. Eine Freundin der Kollegin, deren Sohn ebenfalls nicht gesprochen habe, habe dort Hilfe gefunden. Nicole Schröder griff nach dem Strohhalm. Ein sechswöchiges Mutmach-Training dort mit einer dreiwöchigen Unterbrechung zwischendrin konnte bei Lukas tatsächlich etwas bewirken. Schon nach wenigen Tagen habe er mit der Therapeutin geredet, sei alleine etwas einkaufen gewesen und habe sich verbal in ungewohnten Situationen ausdrücken können. Einziger Wermutstropfen: Die Therapie sei mit rund 7000 Euro sehr teuer gewesen und trotz des Erfolgs auch nicht von den Kassen übernommen worden.
Der Beitrag Mutismus: Lukas soll nicht länger schweigen erschien zuerst auf nord24.